Studiengang-übergreifendes E-learning Projekt: E-learning-Tool der Romanistik – Visionen und Konkretionen

Prof. Dr. Axel Buether,  Lehrstuhl Didaktik der visuellen Kommunikation
Prof. Kristian Wolf,  Design Interaktiver Medien
Prof. Dr. Natascha Pomino, Spanische Sprachwissenschaft
Prof. Dr. Matei Chihaiha, Spanische und französische Literaturwissenschaft


Umfang des Seminars und Rahmenbedingungen

Wintersemester 2018/19

10 Studentische E-learning Projekte

von kooperierenden Studierenden der Studiengänge

Design Interaktiver Medien und Spanisch


Im Rahmen eines Studiengang-übergreifenden E-learning Projekt der Studiengänge Romanistik und Mediendesign/Design Interaktiver Medien an der Bergischen Universität Wuppertal wurden in Kooperation von Studierenden beider Studiengänge E-learning-Tools konzipiert, gestaltet und realisiert. 

Die E-Learning Tools beinhalten verbinden den didaktischen Gamification-Ansatz mit dem digitalen Sprachenlernen.


Im Folgenden möchten wir Ihnen die zwei besten Projektergebnisse einmal gesondert vorstellen. Für den Inhalt der E-learning-Tools sind die Studierenden der BUW verantwortlich:

1. Sarah Drawe: Literacy

Mit der Literacy App werden Schüler unterrichtsbegleitend im Umgang mit literarischen Texten in einer Fremdsprache sensibilisiert. Sie lernen Charaktere zu analysieren und zu definieren, Beziehungskonstellationen textnah zu erkennen und verschiedene Charakterperspektiven einzunehmen. Zudem werden sie dazu motiviert ihre Erkenntnisse konsequent am Text zu belegen und Zitate zu nutzen. Durch drei verschiedene Aufgabentypen im Hausaufgaben-Bereich innerhalb der App eignen sich die Schüler zunächst Wissen über die Charaktere an, vertiefen es daraufhin und sind dann gefragt dieses Wissen aufgabengerecht anzuwenden und zu reflektieren. In die App integrierte Charaktersteckbriefe halten die bisherig erkannten Informationen aus den erledigten Aufgaben fest und dienen nach Vervollständigung als Helfer-Tool beim Schreiben der Charakterisierung. Dabei ist die App variabel in den Unterrichtsverlauf integrierbar oder als reines Hausaufgaben-Tool nutzbar.

Literacy verfügt über 3 Aufgabentypen: 

Das gesteuerte Lesen dient zur Informationsaneignung. Hierbei ist der Schüler gefragt aus vorgegebenen Abschnitten des Textes explizite Informationen rauszusuchen, sie in vorgegebene Kategorien einzuordnen und zu erläutern. Dabei lernt der Schüler einen Text nicht einfach nur zu lesen, sondern sich auch konkret mit dem Inhalt auseinander zu setzen und charakterbezogene Informationen zu filtern. 

Multiple Choice-Aufgaben sorgen für die Wissensvertiefung. Hierbei werden Schüler mit einem Aussagesatz konfrontiert der eine Lücke mit verschiedenen Auswahlmöglichkeiten enthält um den Satz zu vervollständigen. Hierbei wird auf bereits bearbeitete Textpassagen zurückgegriffen und im zweiten Schritt der Aufgabe muss der Schüler dann seine Wahl mit einem passenden Zitat begründen. Dabei wird nicht nur bereits vorhandenes Wissen wieder aktiviert, sondern auch dazu motiviert sich mit dem Text erneut auseinander zu setzen. 

Zur Vorbereitung auf die Charakterisierung werden bei den Creative Writing-Aufgaben bereits kleine kreative Paragraphen zu einer bestimmten Fragestellung formuliert, die den Schüler zum Einen dazu motivieren bereits vertieftes Wissen anzuwenden und zu interpretieren. Zum Anderen bereiten diese Aufgaben den Schüler kreativ auf das Strukturieren und Schreiben einer aufwändigen Analyse vor. 

Als Kernfeature hat der Schüler bei allen Aufgabentypen und zu jeder Zeit die Möglichkeitden Text per Swipe-Funktion immer wieder hervorzuholen, aufgabenbezogene Zitatverknüpfungen zu tätigen und sich die verschiedenen Charakterprofile mit bereits getätigten Unterstreichungen variabel ein- und auszublenden. 

Der Tauschaufgabenbereich bietet die Möglichkeit die Anwendung der App in den Unterricht zu integrieren. Bereits geschriebene Creative Writing-Aufgaben aus dem Hausaufgaben-Bereich können hier wieder aufgerufen und mit einem Tap innerhalb des Klassenverbunds anonym getauscht werden. Mit einem zusätzlich bereitgestellten Erwartungshorizont kann der Schüler jeweils einen Text eines Mitschülers prüfen und korrigieren. Nach Abschluss der Bearbeitung werden die Texte und Erwartungshorizonte wieder getauscht und den Originalverfassern bereitgestellt. Das gegenseitige Korrigieren gibt den Schülern Einblick in andere Schreibtechniken und bietet die Möglichkeit zur Reflexion der eigenen Schreibarbeit, die nach Beendigung der Tauschaufgabe im Überblick mit dem bearbeiteten Erwartungshorizont direkt eingesehen werden kann.

Literacy bietet die Möglichkeit literaturwissenschaftliche Themen und prüfungsrelevante Inhalte in einer Fremdsprache auf Oberstufen-Niveau unterrichtsbegleitend zu vermitteln und zu festigen. Der Lehrer hat zu jederzeit die Möglichkeit an das Lern-Niveau der Schüler angepasste Aufgaben aus einem breit gefächerten Aufgabenpool auszuwählen und den Schülern als Hausaufgaben bereit zu stellen. Zudem hat er die Möglichkeit selbst Aufgaben zu verfassen, dem Aufgabenpool hinzuzufügen und für alle anderen Lehrkräfte bereit zu stellen. Somit entwickelt sich Literacy stetig weiter und bietet immer wieder neue Inhalte zur Vermittlung literaturwissenschaftlicher Inhalte, auch über das Thema der Charakterisierung hinaus.


2. Christina Maria Vennegerts:  Alpacas Amigos – False Friends

Was sind Falsche Freunde?

Falsche Freunde sind Worte, die in der zu erlernenden Sprache große Ähnlichkeit mit bereits bekannten Worten haben. Zu den bekanntesten Beispielen zählt das Englische „to become“, welches von Lernenden häufig mit „bekommen“ verwechselt wird und bereits früh beim Zweitspracherwerb Englisch auftritt. Hierbei können Falsche Freunde in jeder Wortartenkategorie auftreten. Als Spanischlernender mit deutschen Wortschatzkenntnissen gibt es mehrere Dutzend Falsche Freunde, auf die der Lernende achten muss. Eine vollständige Liste habe ich nicht finden können, da Listen in der Regel auf eine Wortschatzkategorie beschränkt sind – so werden im alltäglichen Gebrauch teilweise andere Worte eingesetzt, als in einem Fachgespräch. Dennoch: Es gibt scheinbar im

„Alltagsspanisch“ etwa 140 Worte, die zu den Falschen Freunden für Deutschsprechende gehören. Darunter beispielsweise Worte wie „alto“ (was „hoch“ bedeutet), oder auch „el balón“ (was „Ball“ im Sinne von „Fußball“ bedeutet). Diese Worte lernen Schüler und Schülerinnen nach und nach, über viele Lektionen verteilt. Im Grunde genommen sind Falsche Freunde aber nichts anderes, als eine besondere Kategorie der Vokabeln, weswegen sie (wenn auch mit „Achtung“-Hinweisen) üblicherweise gelernt werden, wie andere Vokabeln auch.

Die bisherige Vermittlungsmethode:

Die mit Abstand am häufigsten anzutreffende Methode, Falsche Freunde zu erlernen, ist die Tabelle. In der Regel tritt sie als Teil einer Lektion auf und führt alle benötigten Falschen Freunde auf, die auf den zugehörigen Seiten vermittelt werden. Üblicherweise wird diese Tabelle mit Worten wie „Achtung!“ begleitet.

Was spricht dagegen?

Vokabelhefte und Vokabeltabellen sind eine schnelle Methode, möglichst viele Worte zu lernen. Das Problem ist jedoch, dass diese Worte in der Regel ohne Kontext gelernt werden. „[…] neue Wörter [sollten] nicht isoliert, sondern jeweils in größere formale und inhaltliche Kontexte eingebettet, präsentiert und geübt werden.“ 2 Bei Listen und Tabellen besteht die Gefahr, dass ein Wort beispielsweise in einem Gespräch benötigt wird, sich der Lernende jedoch nur an die Stelle im Heft oder der Tabelle erinnern kann – nicht an das Wort selbst. „Weiterhin gilt als gesichert, dass Behaltensleistungen generell umso höher sind, je stärker unterschiedliche Wahrnehmungskanäle angesprochen werden“.

Wie Alpacas Amigos diese Problematik angeht

„[…] Einzelwörter sollten in Kollokationen (mehr oder minder festen Wortverbindungen) erscheinen und möglichst als Bestandteile einer Geschichte oder Argumentationskette erfahrbar werden.“ In dem Spiel Alpacas Amigos treten Worte nicht ohne Kontext auf. Der Ablauf, einen neuen Falschen Freund vorzustellen, läuft nach dem immer gleichen Schema ab: Der Spieler trifft auf einen NPC (nichtspielbaren Character), der ihm in wenigen Worten etwas erzählt. Nach diesem kurzen Text setzt der Spieler das neu erlernte Wort ein, um ein Problem zu lösen.

Hier ein Beispiel: Der Spieler steht vor dem Problem, dass der von ihm gewählte Weg versperrt ist. Er trifft auf einen NPC, der folgenden Monolog hält:

Aquí no puedes avanzar más.” (Hier geht es nicht weiter.)

„Toma, es un mapa.“ (Nimm eine Landkarte.)

„Los mapas son importantes.“ (Landkarten sind wichtig.)

“Con un mapa encuentras el camino.” (Mit einer Landkarte findest du deinen Weg.)

Die Problematik wird angesprochen (“Hier geht es nicht weiter”) und das zu lernende Wort (el mapa) wird daraufhin mehrere Male in unterschiedlichen Satzkonstruktionen genutzt. Sollte es seitens des Lernenden Verständnisprobleme geben, kann er durch den Einsatz einiger „Kakaobohnen“ eine Übersetzung für einen Satz anfordern.Nach diesem Text kann der Spieler selbst “el mapa” benutzen, indem er auf die gleichlautende Schaltfläche drückt. Dem Spieler wird nun eine Übersichtskarte des Levels eingeblendet. So wird das Wort mit Wortschatzwissen eingeführt und im weiteren Verlauf des Spiels immer wieder durch die visuelle Darstellung “el mapa” -> Landkarte wiederholt – beispielsweise, wenn der Spieler sich verlaufen hat, oder generell planen möchte, wie er von A nach B kommt. „Das Entwerfen von Geschichten um den zu lernenden Wortschatz herum gilt demensprechend als eine bewährte Vokabellerntechnik, denn der produktive, kreative Umgang mit Wortschatz ist nachweislich sehr Behaltens wirksam“ Eine weitere Stärke dieses Ansatzes ist, dass nicht explizit darauf hingewiesen wird, dass es sich um einen potenziellen Falschen Freund handelt. So wird der Spieler nicht von vornherein verunsichert, wie nun die korrekte Überstzung des Wortes lautet, sondern trifft im Verlauf des Spiels ausschließlich auf Einsatzmomente, in denen die Bedeutung des Wortes klar ist. So kann der Schüler sicher sein, dass er nicht doch fälschlicherweise eine falsche Übersetzung mitlernt.

Alpacas Amigos hat jedoch auch einen weiteren Punkt, der für es spricht: Wenige Momente beim Lernen einer Sprache sind so stark motivierend, wie das Verstehen eines fremdsprachlichen Mediums – sei es ein Film, ein Zeitschriftenartikel oder ein (Video)Spiel. Nicht umsonst sind Lektionen in Lehrbüchern häufig so aufgebaut, dass nach Wortschatz- und Grammatikarbeit eine kurze Geschichte oder alltägliche Situation erzählt wird. Dennoch ist es etwas Besonderes, auch Medien außerhalb des Lehrbuches zu verstehen. Diesen Motivationsschub zu schaffen war ein für mich wichtiges Anliegen bei der Entwicklung des Spiels.

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